20.03.10

Till Frommann

Protokoll eines ganz gewöhnlichen Stadtbummels ohne Ziel und Verstand

Seit meiner Geburt habe ich nicht besonders viel gehofft, womit ich bisher eigentlich recht gut gefahren bin – denn wer kaum hofft, kann auch kaum enttäuscht werden. Was ich für Ziele habe? Irgendwelche, wird schon gut gehen. Und Wünsche? Nicht zu viele.

Und, tatsächlich, bisher ist alles einigermaßen gut gegangen, und meine wenigen Wünsche haben sich wirklich erfüllt. Wenn ich mich doch nur daran erinnern könnte, was ich mir gewünscht habe. Aber im Nachhinein ist es sicherlich das Richtige gewesen, und teilweise ist wahrscheinlich auch das Richtige geschehen.

»I'm sinking deep, i'm going under /
That sugar coated iceberg tastes to sweet /
Until you tumble, those sugar coated lies«

Ich flaniere durch die Fußgängerzone, natürlich ohne Ziel. Irgendetwas werde ich schon erleben.

Neulich hatte ich mich mit einem Bekannten unterhalten, der mir erzählte, dass er einzig und allein zielgerichtet in die Stadt geht, zielgerichtet Dinge kauft und dann auf dem geradlinigsten Weg wieder Richtung Wohnung läuft.

Wo, bitte, ist denn da der Sinn?

Die Welt besteht doch daraus, nicht zu wissen, was als nächstes passiert. Was ich forcieren möchte. Kein Plan, nicht einmal beim Durch-die-Stadt-Laufen. Und auch sonst nicht.

»Vulcan eyebrows, vulcan ears, that's what I dream of, no more sorrow, no more tears«

Das Schönste wäre es natürlich, sich nicht von Gefühlen überraschen lassen zu müssen, das ist eine Ausnahme in meinem Leben. Ganz so viele Überraschungen sollen mich dann nämlich doch nicht heimsuchen. Gerne wäre ich ein emotionales Wrack, das sich von nichts aus der Ruhe bringen lässt, andere, die ich früher einmal gekannt habe, bekamen das doch auch hin.

Ich schlendere weiter durch die Fußgängerzone, und nichts passiert. Was ich überhaupt nicht schlimm finde. Da! Ich treffe jemanden, mit dem ich mich kurz über alles und nichts unterhalte, um danach ohne Ziel weiter zu spazieren. Es passiert nichts Großartiges – was manchmal sehr beruhigend sein kann.

»I don't feel nothing now, not even fear«

Zurück zuhause. Ich liege auf der Couch, höre emotionale Musik und freue mich, dass ich kein gefühlloser Eisklotz bin. Denn natürlich lasse ich mich gerne einlullen und habe es gern, wenn Musik, Fernsehserien und Hollywoodkram mit meinen Gefühlen spielen.

Andererseits mag ich es nicht, wenn Menschen mit meinen Gefühlen spielen, aber das ist eine andere Geschichte mit Überraschungen, welche wohl weder ich noch andere Menschen mögen.

Und manchmal ist es einfach bloß wunderbar, wenn überhaupt nichts geschieht und wenn alles so wie immer bleibt. Manchmal mag ich es nämlich sehr an mir, ein ganz klein wenig reaktionär zu sein.